Lörrach: Die Heuchelei der „Qualitätsjournalisten“

Der Stern fühlt sich also mal wieder zum allgemeinen Bashing der Netzgemeinde berufen, wobei der Autor seltsamerweise Twitter mit „dem Netz“ gleichzusetzen scheint und den Rest wohlweislich ausklammert. Man vermisst also „kollektive Trauer“ und „Anteilnahme“ und echauffiert sich über Tweets wie den von @zynaesthesie:

„Die Amokläuferin von #Lörrach: heterosexuell, verheiratet, katholisch, Juristin. #Bosbach weiß noch nicht so richtig, was er verbieten will“

Desweiteren scheint Herr Disselhoff der Meinung zu sein, dass unser aller Lieblingsdemagoge Wolfgang Bosbach seines Schutzes bedarf:

„Die Häme der User trifft vor allem den CDU-Politiker Wolfgang Bosbach. Der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestages hatte sich nach dem Amoklauf von Winnenden für ein Verbot von Paintballspielen eingesetzt.“

Dass sich der gut durchgebratene Wolfgang in seinem Eifer, der Stammtischmeinung vorzugreifen, außerdem rigoros für ein Verbot von Egoshootern einsetzt, lassen wir mal außen vor. Auch, dass sämtliche sogenannten „Qualitätsmedien“ die von den Unionspolitikern diktierten Verbotsforderungen unkommentiert übernommen hatten und sie ständig wiederkäuten, brauchen wir nicht gesondert zu erwähnen.

Jetzt aber der Netzgemeinde ihren Zynismus vorzuwerfen, der nach Jahren des Trommelfeuers aus den Reihen erzkonservativer Hetzer nur allzu verständlich sein sollte, zeugt von mangelnder Beschäftigung mit dem Thema. Den Vogel schießt übrigens der Schlußsatz ab:

„So funktioniert das Web nur allzu oft. Aus einer einzelnen Meldung wird eine Lawine, die den Wahrheitsgehalt und das menschliche Drama oft unter sich begräbt.“

Man ersetze in diesem Absatz das Wort „Web“ mit „Qualitätsjournalismus“ und erinnere sich an die Berichterstattung zum Thema „Amoklauf“ in Verbindung mit „Killerspielen“.

Update: Sehr schön auch der Artikel „Die Textbausteine der Gewohnheitsheuchler“ von Till Achinger, der zeigt, wie „Journalismus“ beim Stern funktioniert: per Copy+Paste. Man vergleiche den Artikel über die Netzreaktion zu den Ereignissen von Lörrach mit dem über die Reaktionen zu Winnenden. Was für ein Armutszeugnis…

3 Gedanken zu „Lörrach: Die Heuchelei der „Qualitätsjournalisten“

  1. Mathias Autor

    Natürlich haben sie keinen Zusammenhang hergestellt. Und du darfst deinen Hintern verwetten, dass dieses Mal auf „ernsthafte und sachliche Ursachenforschung“ gepocht wird.

    Bosbach… Naja, unser Bundessolariumschnitzel wird sich doch nicht ins eigene Fleisch schneiden wollen, indem er die Gepflogenheiten seiner Traditionswählerschaft in Verbindung mit diesem „höchst bedauerlichen Einzelfall“ brächte…

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  2. Pingback: Marie Karsten

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